Cannabistherapie für Patienten: Alles, was du wissen musst

Cannabistherapie für Patienten: Alles, was du wissen musst

Written by: Pia Franziska Kraus

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Cannabistherapie für Patienten: Alles, was du wissen musst

Cannabis ist nicht mehr nur für den Freizeitgebrauch beliebt, sondern wird immer häufiger auch als Arzneimittel eingesetzt. Im Zuge einer Cannabistherapie können Patienten von diversen Vorteilen profitieren. Doch welche Wirkung hat medizinisches Cannabis, wie sieht eine Cannabistherapie aus und für wen kommt sie in Frage? In diesem Artikel findest du die Antworten.

Die wichtigsten Fakten im Überblick

Unter einer Cannabistherapie versteht man die Anwendung von medizinischem Cannabis bei diversen Leiden und Krankheiten.

Damit ein Arzt ein Rezept für medizinisches Cannabis ausstellen kann, braucht es eine entsprechende Indikation.

Nachdem du das Rezept erhalten hast, solltest du einen Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse stellen.

Halte dich bei einer Cannabistherapie stets genau an die empfohlene Dosierung, um keine Nebenwirkungen zu riskieren.

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Was ist eine Cannabistherapie?

Cannabis wird eine vielfältige gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben. Als Cannabistherapie bezeichnet man die Verwendung medizinischen Cannabis bei Beschwerden und Krankheiten. Bereits seit 2017 gilt Medizinalcannabis offiziell als verschreibungspflichtiges Medikament. Ärzte können es auf Rezept verschreiben, wenn es eine medizinische Indikation dafür gibt.


Eine Cannabistherapie kann auf unterschiedliche Art und Weise durchgeführt werden. Das Inhalieren von Cannabisblüten ist nur eine Anwendungsform. Es gibt inzwischen auch Kapseln, Öle, Extrakte und andere Fertigpräparate, die den Wirkstoff der Cannabispflanze enthalten.


Das Ziel eines Cannabistherapie ist die Verbesserung der Lebensqualität durch eine Stimmungsaufhellung, Schmerzlinderung, Schlafverbesserung oder andere Wirkungsweise.

Indikationen für die Cannabistherapie

Eine Cannabistherapie kann nur unter bestimmten Voraussetzungen verordnet werden. Ärzte können ein Rezept ausstellen, wenn andere Medikamente bei bestimmten Leiden nicht die gewünschte Wirkung zeigen oder zu starken Nebenwirkungen führen. Häufig kommt Cannabis auch begleitend zu einer medikamentösen Therapie zum Einsatz, um die Gesundheit zu fördern.


Die wichtigsten Indikationen für eine Cannabistherapie in Deutschland sind vor allem schwerwiegende und chronische Erkrankungen. Sie werden in drei Klassen unterteilt:

1. Indikationen mit hohem Empfehlungsgrad (A)

  • Chronische Schmerzen, z.B. Tumorschmerzen oder neuropathische Schmerzen
  • Fibromyalgiesyndrom
  • Spastiken bei Multipler Sklerose
  • Andere neurologische Erkrankungen

2. Indikationen mit mittlerem Empfehlungsgrad (B)

  • Appetitlosigkeit bei HIV oder AIDS
  • Übelkeit und Erbrechen im Zuge einer Chemotherapie

3. Indikationen mit geringerer Evidenz (C)

  • Schlafstörungen
  • Rheumatisch bedingte Schmerzen
  • Viszerale Schmerzen, z.B. bei Morbus Crohn
  • Endometriose
  • Angststörungen
  • Depressionen

Auch bei Epilepsie, ADHS und einer Reihe psychischer Erkrankungen kann Medizinalcannabis eine positive Wirkung zeigen. Die Cannabistherapie ist jedoch noch nicht in jedem Bereich ausreichend erforscht. Doch das breite Anwendungsspektrum zeigt, dass Cannabis eine vielfältige Wirkung hat.

Cannabistherapie bei chronischen Schmerzen, Depressionen & ADHS

Du kannst bei verschiedenen Krankheiten eine Cannabistherapie machen. Es gibt zwar Listen, in denen diese Krankheiten festgehalten sind, doch die Praxis zeigt, dass solche Entscheidungen immer individuell getroffen werden. Es gibt jedoch ein paar Leiden, bei denen medizinisches Cannabis sehr gerne eingesetzt wird:


  • Chronische Schmerzen: Das Cannabinoid THC ist dazu in der Lage, an den sogenannten CB1-Rezeptoren im Nervensystem zu binden, um die Schmerzleitung im Körper zu reduzieren. Gleichzeitig wirkt CBD – ein anderes wichtiges Cannabinoid – entzündungshemmend, was die schmerzstillende Wirkung von THC erhöht.
  • Depressionen: Cannabis kann Serotonin und Dopamin beeinflussen – zwei Neurotransmitter, die für die Stimmung und Angstzustände verantwortlich sind. Während THC stimmungsaufhellende Effekte zugeschrieben werden, soll CBD angstlösend und antidepressiv wirken.
  • ADHS: Hier ist die Studienlage noch etwas uneinheitlich. Einige Cannabispatienten konnten jedoch eine verbesserte Konzentration, weniger Hyperaktivität und eine verminderte innere Unruhe feststellen.

Auch bei Schlafstörungen ist Cannabis recht populär. Das Zusammenspiel von THC, CBD und den in der Cannabispflanze enthaltenen Terpenen ist komplex und kann vielfältige Wirkungsweisen erzeugen.

Wirkung und mögliche Nebenwirkungen der Cannabistherapie

Wie wirkt Cannabis? Das ist pauschal gar nicht so einfach zu beantworten. Denn Cannabis kann vielfältige Effekte im menschlichen Körper auslösen. Von einer Schmerzlinderung über eine Muskelentspannung bis hin zur Verbesserung der Stimmung und Schlafqualität sind viele Wirkungen möglich. Auch gegen Entzündungen und Übelkeit bzw. Appetitlosigkeit kann eine Cannabistherapie helfen.


Je nachdem, welche Wirkstoffe der Cannabispflanze du aufnimmst und wie du auf die Cannabinoide reagierst, können sich unterschiedliche Nebenwirkungen zeigen. In den meisten Fällen lassen sich diese jedoch einfach reduzieren, indem du die empfohlene Dosis einhältst.


Zu den gängigsten Nebenwirkungen zählen:


  • Müdigkeit
  • Schwindel
  • Konzentrationsstörungen
  • Herzrasen
  • Angstgefühle
  • Trockener Mund
  • Vermehrter Appetit

THC – das Cannabinoid, das auch „high“ machen kann – ist auch dazu in der Lage, Psychosen zu fördern. Deshalb ist es wichtig, eine richtige Cannabinoidtherapie zu machen und Cannabis nicht in Eigenregie und auf gut Glück zu dosieren und einzunehmen. Wenn der Konsum unter ärztlicher Kontrolle erfolgt, lassen sich die Nebenwirkungen minimieren.

Frau schläft entspannt ; Symbolbild für Cannabis als Schlafhilfe

Antrag auf Cannabistherapie und Kostenübernahme

Nur Patienten mit einer schwerwiegenden Erkrankung wird eine Cannabistherapie verordnet. Das setzt voraus, dass andere Behandlungsformen bereits ausgeschöpft wurden. In der Regel werden zunächst die für eine Erkrankung standardmäßigen Therapieformen eingesetzt und erst dann, wenn diese nicht ausreichen, zu medizinischem Cannabis gegriffen.


Um einen Antrag auf Cannabistherapie zu stellen, führt dich der erste Weg zum Arzt. Dort schilderst du deine Beschwerden und deine bisherige Krankheitsgeschichte. Wenn der Arzt nachvollziehbar begründen kann, warum für dich eine Cannabistherapie genau das Richtige ist, kann er ein Rezept ausstellen.


Mit diesem Rezept wendest du dich an deine Krankenkasse. Häufig lässt diese ihre Fälle durch den Medizinischen Dienst begutachten. Wenn dieses Gutachten ergibt, dass du die Voraussetzungen für die Kostenübernahme der Cannabistherapie erfüllst, genehmigt die Krankenkasse deinen Antrag.


Für die Bearbeitung hat die Krankenkasse 2 Wochen Zeit. Wenn eine gutachterische Stellungnahme erforderlich ist, können auch 4 Wochen daraus werden. Jedoch ist die Genehmigung nur für die erstmalige Verordnung einer Cannabistherapie nötig. In folgenden Fällen ist dieser Prozess nicht nötig:


  • Folgeverordnungen
  • Arztwechsel
  • Anpassung der Dosierung
  • Wechsel des Cannabis-Produkts

In bestimmten medizinischen Fachbereichen wie der Palliativmedizin, der Inneren Medizin, der Neurologie oder der Frauenheilkunde besteht die Genehmigungspflicht nicht.


Mit Einlösen des Rezepts von deinem Arzt beginnt deine Cannabistherapie. Achte darauf, die Dosierung genau einzuhalten und zu den regelmäßigen Kontrollterminen in der Arztpraxis zu gehen.

Ablauf einer Cannabistherapie beim Arzt oder Psychiater

Wie läuft eine Cannabistherapie beim Arzt oder beim Psychiater eigentlich ab? Viele, die sich für medizinisches Cannabis interessieren, wissen gar nicht, worauf sie sich einstellen müssen. Wir haben den Ablauf einer Cannabistherapie Schritt für Schritt für dich zusammengetragen:


  1. Anamnese: In einem ersten Gespräch schilderst du dem Arzt deine Beschwerden und Krankheitsgeschichte. Auch bisherige Therapieversuche sollten hier erwähnt werden, da der Arzt auf dieser Basis bewerten kann, ob eine Cannabistherapie in deinem Fall sinnvoll ist oder nicht.
  2. Beratung: Im Zuge einer persönlichen Beratung klärt dich dein Arzt oder Psychiater über die Wirkungen und möglichen Nebenwirkungen einer Cannabistherapie auf. Er wird dir auch erklären, welche verschiedenen Darreichungsformen es gibt und ob Wechselwirkungen mit bisherigen Medikamenten bestehen.
  3. Diagnosestellung: Eine ausführliche Dokumentation und die Diagnosestellung erfolgen. Die Indikation für Cannabis wird schriftlich festgehalten, was für den Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse sehr wichtig ist.
  4. Ausstellung des Rezepts: Nun erhältst du das Rezept für medizinisches Cannabis. Du kannst es in Apotheken und Online-Apotheken einlösen.
  5. Antragstellung: Mit dem Rezept kannst du den Antrag auf Kostenübernahme bei deiner Krankenkasse stellen.
  6. Therapiebeginn: Wenn du das erste Mal Cannabis konsumierst, solltest du eine geringe Dosis ausprobieren. Am besten ist es, die Dosierung langsam zu steigern, bis du bei der empfohlenen Menge angelangt bist.
  7. Nachkontrollen: Suche regelmäßig deinen Arzt oder Psychiater auf, damit die Wirkung und Nebenwirkungen dokumentiert werden können. Zudem kann es sein, dass deine Therapie angepasst werden muss. Auch dazu sind regelmäßige Kontrollen sinnvoll.

Damit der Ablauf deiner Cannabistherapie möglichst reibungslos ist, solltest du auf eine transparente Kommunikation mit deinem Arzt achten. 

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Cannabistherapie online: Möglichkeiten und Angebote

Eine Cannabistherapie ist heute keine Seltenheit mehr. Dennoch ist nicht jeder Arzt dazu bereit, Cannabis auf Rezept zu verordnen. Glücklicherweise gibt es die Telemedizin: Über das World Wide Web kannst du deine Cannabistherapie auch online beginnen.


Verschiedene Online-Plattformen haben sich auf Cannabistherapien spezialisiert und bieten umfangreiche Services an, sodass du Cannabis auf Rezept erhältst. Die Abwicklung ist einfach, unkompliziert und entstigmatisiert – denn in vielen Arztpraxen hat Cannabis noch immer einen gewissen Ruf, obwohl die gesundheitliche Wirkung schon lange bekannt ist.


Rechtliche Aspekte: Führerschein, Auto fahren und gesetzliche Vorgaben


Müssen sich Cannabispatienten um ihren Führerschein Sorgen machen? Wer sich mit dem Konsum von Cannabis bereits auseinandergesetzt hat, weiß: Ein Cannabis-Nachweis ist noch lange nach dem Konsum THC-haltiger Produkte möglich. Bei Verkehrskontrollen bedeutet das im schlimmsten Fall eine Strafe.


Jedoch gibt es für Cannabispatienten einige Ausnahmen. Diese betreffen nicht nur den Konsum von Cannabis und die Teilnahme am Straßenverkehr, sondern auch den öffentlichen Cannabis-Konsum. Solange du keine veränderte Wahrnehmung, eine verminderte Fahrtauglichkeit oder Ausfallerscheinungen zeigst, ist der Cannabis-Konsum für dich als Patient legal.


Tipp: Beantrage einen sogenannten Cannabis-Patientenausweis, um Missverständnisse direkt im Vorfeld aus der Welt zu schaffen.

Kosten der Cannabistherapie: Was Patienten wissen sollten

In manchen Fällen genehmigt die Krankenkasse die Übernahme der Kosten für die Cannabistherapie nicht. Das bedeutet allerdings nicht, dass du kein Cannabis auf Rezept erhalten kannst. Grundsätzlich hast du die Möglichkeit, innerhalb eines Monats nach Erhalt des Bescheids Widerspruch einzulegen.


Falls der Widerspruch ebenfalls nicht zu einer Kostenübernahme führt, kannst du beim Sozialgericht eine Klage einreichen. Sinnvoll ist es dabei, einen spezialisierten Anwalt an der Hand zu haben.


Alternativ kannst du auch selbst für deine Cannabistherapie aufkommen. Cannabis auf Privatrezept ist gar nicht so unüblich, da du dir damit eine Menge Zeit und Aufwand sparen kannst. Nur die Kosten bleiben zu 100 % bei dir, sodass du abwägen solltest, welche Vorgehensweise die beste für dich ist.

Fazit

Cannabis auf Rezept gibt es schon seit 2017. Medizinalcannabis wird zu verschiedenen Zwecken eingesetzt. Eine Cannabistherapie kann daher auf verschiedene Ergebnisse abzielen. Damit du für deine Cannabis-Produkte nicht selbst aufkommen musst, kannst du einen Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse stellen. Wichtig ist: Es gibt bestimmte Voraussetzungen für eine Cannabistherapie.

FAQ – Häufig gestellte Fragen zur Cannabistherapie

Was kostet eine Cannabistherapie?

Die Kosten für eine Cannabistherapie werden in der Regel von der Krankenkasse übernommen. Dann hast du mit einer geringen Zuzahlung von 5 bis 10 Euro pro Rezept zu rechnen. Wenn du medizinisches Cannabis als Selbstzahler kaufst, wird ein Preis von 8 bis 30 pro Gramm fällig. Das variiert jedoch je nach Produkt und Anbieter.

Kann man als Cannabispatient Autofahren?

Ja, du darfst als Cannabispatient am Straßenverkehr teilnehmen, solange du fahrtauglich bist.

Wo kann ich mein Cannabisrezept einlösen?

Das Cannabis für deine Cannabistherapie erhältst du in der Apotheke vor Ort oder online. Du kannst es dir auch ganz bequem nach Hause schicken lassen.