Cannabis bei ADHS: Alles, was du wissen musst

Cannabis bei ADHS: Alles, was du wissen musst

Geschrieben von: Pia Franziska Kraus

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Lesezeit 8 min

Cannabis bei ADHS: Alles, was du wissen musst

Quälend lange To-Do-Listen im Kopf, verpasste Termine und eine ständige innere Unruhe – das sind nur einige Beschwerden, mit denen ADHS-Patienten regelmäßig zu kämpfen haben. Diverse Forschungsergebnisse zeigen: Medizinisches Cannabis könnte eine Lösung darstellen. Wie Cannabis bei ADHS helfen kann, was du bei der Einnahme beachten solltest und wie du dir Medizinalcannabis bei ADHS verschreiben lassen kannst, zeigen wir dir hier.

Die wichtigsten Fakten im Überblick

ADHS ist eine Störung, die Betroffene in ihrem Alltag stark beeinflusst.

Eine alternative Behandlungsmethode stellt medizinisches Cannabis dar.

Um mit Cannabis dein ADHS zu lindern, solltest du dich intensiv ärztlich beraten lassen.

Die Wirkung von Cannabis bei ADHS wird in verschiedenen Studien derzeit noch erforscht.

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Was ist ADHS und wie beeinflusst es deinen Alltag?

ADHS ist kurz für „Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung“. Es handelt sich um eine neurobiologische Störung, die sich bei den meisten Betroffenen bereits im Kindesalter bemerkbar macht und bis ins Erwachsenenalter anhält. Es gibt vor allem drei Hauptsymptome:


  • Hyperaktivität bzw. übersteigerter Bewegungsdrang
  • Unaufmerksamkeit bzw. gestörte Konzentrationsfähigkeit
  • Impulsivität bzw. unüberlegtes Handeln

Wie stark die Symptome ausgeprägt sind, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Zudem können sie sich im Laufe der Zeit verändern.


Grund für diese Störung ist ein verändertes Zusammenspiel bestimmter Regionen und Botenstoffe im Gehirn. Vor allem die Neurotransmitter Dopamin und Noradrenalin spielen bei ADHS eine wichtige Rolle: Ihr Gleichgewicht ist gestört, sodass Reize und Informationen anders verarbeitet werden als bei Menschen, die kein ADHS haben.


Eine permanente Reizüberflutung im Gehirn ist die Folge und Betroffene sind nicht selten andauernd angespannt. Das wirkt sich selbstverständlich auch auf den Alltag aus. ADHS zeigt sich im privaten Bereich oft in Form von emotionaler Reizbarkeit und dem Gefühl, von den eigenen Gedanken überwältigt zu sein. Alltägliche Aufgaben werden dadurch schnell zu einer Herausforderung. Finanzielle Probleme und soziale Konflikte sind oft die Folge davon.


Des Weiteren leiden viele Menschen mit ADHS unter einem veränderten Zeitempfinden. Das wiederum resultiert in Verspätungen, Hektik und der Neigung, Aufgaben aufzuschieben – kurz „Prokrastination“. Somit kann sich ADHS auch auf das Berufsleben auswirken.

Wie wirkt Cannabis bei ADHS?

Da Menschen mit ADHS in verschiedenen Situationen mehr oder weniger eingeschränkt sind, wird immer wieder nach Mitteln gesucht, die Störung zu lindern bzw. zu unterstützen. Dabei kam in der jüngsten Vergangenheit immer wieder die Frage auf: Hilft Cannabis gegen ADHS?


Tatsächlich greifen immer mehr Menschen zu medizinischem Cannabis, um Symptome wie Unruhe oder Impulsivität zu lindern. Gleichzeitig besteht ein weiterer Zusammenhang zwischen ADHS Und Cannabis: Manche nehmen es, um die unangenehmen Nebenwirkungen von ADHS-Medikamenten abzufedern.


Ob nun Cannabis tatsächlich gegen ADHS hilft, ist nur herauszufinden, wenn die Prozesse im Gehirn näher beleuchtet werden: Cannabis enthält die Cannabinoide Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Diese haben eine sehr unterschiedliche Wirkung.


THC wird nachgesagt, den Dopamin-Spiegel im Gehirn beeinflussen zu können. ADHS hängt oft mit einem Dopaminmangel zusammen. Tetrahydrocannabinol könnte daher tatsächlich dazu beitragen, den Neurotransmitter auszugleichen, was wiederum die Beschwerden lindert. Einige Personen, die bereits Erfahrungen mit Cannabis und ADHS gesammelt haben, berichten davon, dass nach der Einnahme von THC ihr Fokus zu- und die Impulsivität abgenommen hat.


Und wie sieht es mit dem zweiten wichtigen Cannabinoid aus? Cannabidiol (CBD) hat keine psychoaktive Wirkung. Dennoch kann auch dieser Cannabis-Wirkstoff für ADHS-Patienten hilfreich sein. CBD wird nachgesagt, innere Unruhe zu lindern und einen Ausgleich zu schaffen. Seine beruhigende Wirkung kann Stress und Schlafprobleme lindern, die eine häufige Begleiterscheinung von ADHS sind.

Wichtig: Wenn du dein ADHS mit Cannabis behandeln möchtest, solltest du dich unbedingt zunächst an deinen Arzt wenden. Dieser kann auf der Grundlage deiner individuellen Voraussetzungen und Beschwerden eine geeignete Therapiemethode finden. Außerdem kannst du Cannabis für ADHS nur auf Rezept erhalten – es führt also ohnehin kein Weg um den Arzt herum.

Studienlage: Hilft Cannabis wirklich bei ADHS?

Cannabis wird als Mittel gegen ADHS-Symptome erwogen. Allerdings steht die Forschung noch am Anfang. Gerade deshalb ist es wichtig, dass du nicht selbst mit Cannabis bei ADHS experimentierst, sondern dir vorab Rat bei einem Mediziner einholst. Doch was sagt die Studienlage zu Cannabis bei ADHS?


  • 2007: In Kalifornien wurden Fragebögen ausgewertet, die ergaben, dass diejenigen, die in ihrer Kindheit bereits mit ADHS diagnostiziert worden waren, nun regelmäßig Cannabis in Mikrodosen konsumieren. Daraus wurde die These abgeleitet, dass Cannabis die Konzentrationsfähigkeit von ADHS-Patienten steigern könne.
  • 2008: Ein Fallbericht der Universität Heidelberg wies darauf hin, dass das Cannabinoid THC die Aufmerksamkeitsleistung bei ADHS verbessern kann.
  • 2015: 30 erwachsene ADHS-Patienten, deren Störung bislang therapieresistent gewesen ist, wurden mit Cannabis behandelt. Ihre Gesamtsymptomatik verbesserte sich durch die Einnahme. Vor allem aber wurden Schlafstörungen, Impulsivität und Konzentrationsschwierigkeiten gelindert.
  • 2017: Bei einer Studie zur Wirksamkeit von Medizinalcannabis bei einer anderen Erkrankung waren 11 Probanden mit ADHS involviert, deren Symptome durch die Einnahme von Cannabis gelindert werden konnten.
  • 2020: Eine Studie zu Cannabis und ADHS in Israel zeigte, dass viele Patienten mit ADHS ihre bestehenden Medikamente gegen medizinisches Cannabis austauschten und gute Ergebnisse damit erzielten.

Die Liste an Forschungsergebnissen, die darauf hindeuten, dass Cannabis ADHS lindern kann, geht noch weiter. Zudem gibt es einige persönliche Erfahrungen, die von Nutzern über die Zeit hinweg gesammelt werden konnten.

Somit gilt: Einzelne Untersuchungen geben Hinweise auf eine positive Wirkung von Cannabis auf ADHS, doch es gibt nicht die eine Studie, die belegt, dass medizinisches Cannabis ADHS vollständig lindern kann. Du solltest also nach wie vor gemeinsam mit deinem Arzt abwägen, ob Medizinalcannabis in deinem individuellen Fall die ideale Lösung ist.

Medizinisches Cannabis: Verschreibung und Kostenübernahme

Cannabis für ADHS-Patienten muss ärztlich verordnet werden, weshalb du deinen Arzt aufsuchen solltest, wenn du eine Cannabistherapie beginnen möchtest. Tatsächlich ist der Zugang zu medizinischem Cannabis seit der Teillegalisierung 2024 im Zuge des Medizinal-Cannabisgesetzes (MedCanG) erheblich einfacher. Zudem wurde Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) entfernt, was zur Folge hat, dass für die Verschreibung keine speziellen Betäubungsmittelrezepte mehr nötig sind. Ein normales Rezept von deinem Hausarzt reicht vollkommen aus.

Um Cannabis bei ADHS auf Rezept zu bekommen, benötigst du daher zunächst einen Termin bei einem Arzt. Zudem müssen folgende Voraussetzungen bestehen:


  • Die Diagnose ADHS liegt vor.
  • Standardtherapien sind nicht möglich – zum Beispiel, weil dein ADHS therapieresistent ist oder eine Unverträglichkeit gegenüber Standardmedikamente vorliegt.

Seit 2024 ist nicht mehr die Genehmigung deiner Krankenkasse nötig, damit du medizinisches Cannabis bei ADHS auf Rezept erhältst. Vielmehr kann dein Arzt dir dein Rezept sofort ausstellen, sodass du es in der nächsten Apotheke einlösen kannst.


Für eine Kostenübernahme musst du dich jedoch trotzdem an die Krankenkasse wenden. Hierfür werden das gültige Rezept und eine Erklärung deines Arztes benötigt. Die Krankenkasse prüft deinen Antrag meist durch den Medizinischen Dienst und fällt eine Entscheidung bezüglich der Kostenübernahme. Falls du keine Zusage erhältst, kannst du entweder Widerspruch einlegen oder Cannabis auf Privatrezept kaufen. Hier trägst du die Kosten für deine Cannabistherapie bei ADHS allerdings selbst.


Falls dein Arzt nicht offen für alternative Therapiemethoden wie Cannabis ist, kannst du dich als ADHS-Patient auch an einen anderen Arzt wenden. Die Telemedizin macht es möglich, einen Arztbesuch von überall wahrzunehmen. So kannst du dir noch viel einfacher Cannabis gegen ADHS verschreiben lassen.

Risiken und Nebenwirkungen der Cannabis-Therapie bei ADHS

Medizinalcannabis geht mit geringen und milden Nebenwirkungen einher. Auch bei einer zu starken Dosierung halten sich die Risiken im Rahmen. Dennoch solltest du sie kennen, ehe du eine Cannabistherapie bei ADHS beginnst.


Die meisten Nebenwirkungen von Cannabis sind auf das psychoaktive Cannabinoid THC zurückzuführen:


  • Euphorie bzw. ein „High“
  • Sedierung
  • Missstimmung
  • Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit
  • Halluzinationen
  • Kontrollverlust
  • Depressionen
  • Mundtrockenheit
  • Gesteigerte Herzfrequenz
  • Blutdruckabfall
  • Kopfschmerzen
  • Schwindel

Einige sprechen auch davon, dass Cannabis bei ADHS zu einer Psychose führen kann. Tatsächlich ist das Risiko solcher Nebenwirkungen bei bereits bestehenden psychischen Erkrankungen erhöht. Daher ist es so wichtig, die Eignung von Cannabis bei ADHS in deinem individuellen Fall abklären zu lassen.


Manche denken zudem, man könne ADHS durch Cannabis bekommen. Das ist jedoch zu widerlegen, da ADHS eine neurobiologische Entwicklungsstörung ist.


Überdies kann es zu Wechselwirkungen zwischen Medizinalcannabis und bestehenden ADHS-Medikamenten kommen. Hier solltest du besonders vorsichtig sein.

Cannabis als ergänzende Therapie: Was du wissen solltest

Willst du wegen deines ADHS eine Cannabistherapie machen? Wir haben die wichtigsten Tipps für dich zusammengetragen, auf die du achten solltest, wenn du dir bei ADHS Cannabis verschreiben lassen willst:


  1. Ärztliche Beratung: Das A und O für Cannabis zur Linderung von ADHS ist ein ärztliches Gespräch. Doch die ärztliche Betreuung ist nicht vorbei, wenn du dein Rezept erhalten hast. Wichtig ist, regelmäßige Besprechungstermine wahrzunehmen, um den Erfolg deiner Therapie sicherzustellen und die Dosis bei Bedarf an deine individuellen Anforderungen anzupassen.
  2. Verschiedene Arten von Cannabis-Produkten: Die Liste an Cannabis-Produkten ist lang. Es gibt Cannabisblüten, Cannabis-Extrakte, Cannabis-Fertigarzneimittel und mehr. Wofür du dich entscheidest, hängt vorwiegend von deiner eigenen Präferenz ab. Manche Produkte lassen sich einfacher dosieren als andere. Einige sind diskreter in der Anwendung. Hier gilt es, eine eigene Entscheidung zu treffen.
  3. Geeignete Cannabis-Sorten: Es gibt viele verschiedene medizinische Cannabissorten. Je nachdem, mit welchen ADHS-Symptomen du zu kämpfen hast, sind andere Strains empfehlenswert. Gegen die Konzentrationsprobleme sind gerade Sativa-lastige Sorten ideal, Hybride haben zudem eine beruhigende und ausgleichende Wirkung.
  4. Richtige Dosierung: Wenn du Cannabis gegen ADHS einnimmst, solltest du dich stets an die empfohlene Dosierung halten. Eine Überdosierung kann schnell in unerwünschten Nebenwirkungen resultieren. Zudem ist es ratsam, zunächst mit sehr wenig Cannabis zu beginnen und die Dosis langsam zu steigern. So kann sich dein Körper besser an die neuen Wirkstoffe gewöhnen.
  5. Rechtliche Lage: Wenn du wegen deines ADHS ein Cannabis-Patient bist, darfst du legal Cannabis besitzen und konsumieren. Was erlaubt ist, entnimmst du am besten deinem Rezept. Um jedoch Missverständnissen beim Kontakt mit den Behörden oder der Polizei aus dem Weg zu gehen, empfiehlt sich ein Cannabis-Patientenausweis.

Als Cannabis-Patient bei ADHS bist du dazu berechtigt, das benötigte Cannabis mitzuführen und zu konsumieren. Achte jedoch immer auf einen verantwortungsvollen Gebrauch. Selbst wenn du die empfohlene Dosis einhältst, dich aber eingeschränkt in deinem Handlungs- und Denkvermögen fühlst, solltest du zum Beispiel vom Führen eines Fahrzeugs oder vom Bedienen von Maschinen absehen.

Fazit

Medizinalcannabis ist eine beliebte alternative Therapiemethode. Auch bei ADHS scheint Cannabis gewisse Erfolge zu erzielen. Cannabis soll die Symptome von ADHS lindern können, was für viele Betroffene eine enorme Erleichterung im Alltag darstellt. Dennoch solltest du auch die potenziellen Nebenwirkungen bedenken und dein Medizinalcannabis immer sachgemäß und in der richtigen Dosierung einnehmen.

FAQ – Häufig gestellte Fragen zu Cannabis bei ADHS

Hilft Cannabis bei ADHS?

Es gibt Studien, die darauf hindeuten, dass Cannabis bei ADHS helfen und die Symptome lindern kann. Zudem gibt es einige persönliche Erfahrungen, die ein Hinweis auf die Wirksamkeit sind. Dennoch solltest du vor einer Cannabistherapie gegen ADHS immer zunächst mit deinem behandelnden Arzt sprechen.

Wie wird medizinisches Cannabis bei ADHS verschrieben?

Ein Rezept für medizinisches Cannabis, um dein ADHS zu lindern, erhältst du bei deinem Arzt. Dazu muss lediglich eine ADHS-Diagnose vorliegen. Zudem ist eine Cannabistherapie nur dann möglich, wenn Standardtherapien nicht die gewünschte Wirkung zeigen oder nicht gut verträglich sind.

Welche Cannabis-Sorten sind bei ADHS empfehlenswert?

Welches Cannabis bei ADHS am besten hilft, hängt von individuellen Faktoren und deinen Symptomen ab. Beliebte Cannabis-Sorten bei ADHS sind Sativa-lastige Strains, da diese die Konzentration und Wachheit verbessern können. Hybrid-Sorten bringen eine Mischung aus belebender und beruhigender Wirkung mit, was gerade bei innerer Unruhe und Impulsivität gefragt ist. Um die beste ADHS Cannabis-Sorte zu finden, solltest du dich eingehend von deinem Arzt beraten lassen.

Übernimmt die Krankenkasse die Kosten für Cannabis bei ADHS?

Du kannst einen Antrag auf Kostenübernahme bei deiner Krankenkasse stellen, wenn du Cannabis zur Linderung deiner ADHS-Symptome einnehmen möchtest. Die Krankenkasse kann diesen zwar ablehnen, doch du kannst Widerspruch einlegen.

Gibt es Risiken bei der Anwendung von Cannabis bei ADHS?

Medizinalcannabis birgt allgemein ein paar Risiken. Betroffen sind vor allem Personen, die eine psychische Vorerkrankung haben, und Patienten, die das Cannabis unsachgemäß verwenden bzw. zu stark dosieren. Du solltest daher immer vorab eine ärztliche Beratung einholen und dein Medizinalcannabis gegen ADHS immer entsprechend der ärztlichen Anweisung konsumieren.