Schmerztherapie mit Cannabis: Praxis-Tipps für Patienten
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Chronische Schmerzen sind für Betroffene nicht nur höchst unangenehm, sondern schmälern auch die Lebensqualität. Häufig müssen solche Schmerzen mit Schmerzmitteln behandelt werden. Doch was, wenn diese keine Wirkung mehr zeigen oder nicht die gewünschten Erfolge bringen? Hier kommt medizinisches Cannabis ins Spiel. Warum es sich als Schmerztherapie eignet und was du dabei berücksichtigen solltest, erfährst du in diesem Beitrag.
Cannabis wird immer häufiger als Schmerztherapie eingesetzt.
Gerade bei neuropathischen und anderen chronischen Schmerzen ist medizinisches Cannabis oft das Mittel der Wahl.
Wenn herkömmliche Schmerzmittel nicht mehr wirken oder nicht die gewünschten Erfolge erzielen, kommt eine Schmerztherapie mit Cannabis infrage.
Patienten müssen unbedingt auf die richtige Dosierung achten, um mögliche Nebenwirkungen zu vermeiden.
Schmerzen sind im Grunde nichts Schlechtes. Sie deuten auf eine Verletzung, eine Erkrankung oder einen anderen Missstand hin, weshalb in erster Linie die Ursache aus der Welt geschafft werden muss. Doch in manchen Fällen bleiben die Schmerzen, obwohl die Erkrankung bereits gelindert wurde. Der Körper hat ein Schmerzgedächtnis: Chronische Schmerzen, die Betroffene Tag und Nacht belasten, entstehen.
Doch auch bestimmte Erkrankungen können chronische Schmerzen verursachen. Rheuma, Rückenprobleme oder Tumorerkrankungen sind nur wenige Beispiele dafür. In jedem Fall gilt es, diese Beschwerden medikamentös zu behandeln, um den Leidensdruck zu lindern und wieder eine höhere Lebensqualität herzustellen..
Wenn Patienten nun aber nicht so gut auf Schmerzmittel ansprechen – sei es, weil sie keine ausreichende Wirkung zeigen oder schlichtweg nicht gut verträglich sind – kann eine Schmerztherapie mit Cannabis erwogen werden. Dort, wo synthetische Schmerzmittel an ihre Grenzen stoßen, beginnt die Therapie mit den natürlichen Wirkstoffen aus der Cannabispflanze.
Seit 2017 ist es Ärzten in Deutschland möglich, Cannabis für eine Schmerztherapie zu verschreiben. Doch bei welchen Schmerzen kommt eine Cannabistherapie infrage?
Generell gelten die Wirkstoffe der Cannabispflanze als schmerzlindernd. Aufgrund der Abläufe im menschlichen Körper, die durch die Einnahme in Gang gesetzt werden, ist eine Cannabis-Schmerztherapie bei akuten Schmerzen oder Gewebeschmerzen weniger wirksam.
Die in der Cannabispflanze enthaltenen Cannabinoide THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol) wirken direkt auf das menschliche Nervensystem ein – genauer gesagt, docken sie an speziellen Rezeptoren im Endocannabinoid-System an. Das ermöglicht eine schnelle und vor allem starke Wirkung. Das ist auch der Grund dafür, warum Cannabis eine so beliebte Alternative in den Fällen ist, in denen nichts anderes mehr hilft.
Medizinisches Cannabis gibt es in verschiedenen Formen. Es gibt Blüten zum Verdampfen, Cannabis-Extrakte zum Einnehmen und andere Cannabis-Produkte. Doch wenn es um eine Schmerztherapie geht, kommen sehr häufig Fertigarzneimittel zum Einsatz. Folgende 3 Cannabis-Arzneimittel stehen in der Schmerztherapie in Deutschland hoch im Kurs:
Welches Produkt du für deine Cannabis-Schmerztherapie verschrieben bekommst, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Zum einen sind da deine Beschwerden: Eine Cannabistherapie muss immer individuell auf deine Leiden und Vorerkrankungen abgestimmt werden. Zum anderen ist deine Verfassung relevant: Jeder Patient verträgt eine andere Form von Cannabis besser. Zudem spielt auch deine eigene Präferenz eine Rolle.
Zudem gibt es bei jedem der genannten Cannabis-Arzneimittel typische Einsatzbereiche. Zwar können sie alle zur Schmerztherapie eingesetzt werden, doch die Wirkung ist viel umfangreicher als das:
Medikament |
Einsatzbereiche |
Dronabinol |
Chronische Schmerzen; Chemotherapie-bedingte Übelkeit; Appetitlosigkeit bei AIDS |
Nabilon |
Starke Übelkeit und Erbrechen während Chemotherapie; Appetitmangel; chronische Schmerzen |
Nabiximols |
Spastiken bei Multipler Sklerose; neuropathische Schmerzen; andere chronische Schmerzen |
Dronabinol Tropfen werden also dann angewendet, wenn die orale Einnahme von reinem THC sinnvoll erscheint – beispielsweise bei chronischen Schmerzen, Übelkeit und Appetitmangel. Du kannst es besonders flexibel und präzise dosieren.
Nabilon ist gerade dann eine gute Wahl, wenn du mit starker Übelkeit und Erbrechen zu kämpfen hast. Auch bei Schmerzen kommt es zum Einsatz – meist im Zuge einer Chemotherapie. Da das Arzneimittel in Kapselform daherkommt, ist die Dosierung fest vorgeschrieben und kann schwer variiert werden.
Wenn eine Kombination der Cannabinoide THC und CBD erwünscht ist, eignet sich Nabiximols. Das ist vor allem bei neuropathischen Schmerzen oder Spastiken bei Multipler Sklerose der Fall. Das Mundspray kann wie alle THC-Sprays einfach und präzise dosiert werden.
Je nachdem, mit welchem Cannabis-Arzneimittel du deine Schmerztherapie durchführst, sehen Anwendung und Dosierung unterschiedlich aus. Doch eines vorweg: Bei medizinischem Cannabis empfiehlt es sich immer, mit einer niedrigen Dosierung zu beginnen und sie nur langsam zu steigern. So kann sich dein Körper an den neuen Wirkstoff gewöhnen, wodurch du unangenehme Nebenwirkungen verhinderst.
Zudem solltest du bezüglich Anwendung und Dosierung eng mit deinem Arzt zusammenarbeiten. Eine Cannabis-Schmerztherapie darf nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen. Auf Basis individueller Faktoren wird ein maßgeschneiderter Therapieplan erstellt, an den du dich halten solltest. Zudem sind regelmäßige Kontrolltermine erforderlich, um den Erfolg deiner Therapie überwachen zu können.
Cannabis für die Schmerztherapie wird je nach Produkt folgendermaßen angewendet und dosiert:
Wichtig: Viel hilft viel? Nicht bei Cannabis! Hier kann eine zu starke Dosierung sehr schnell sehr unangenehm werden. Wenn deine Schmerzen unerträglich sind, solltest du eher das Gespräch mit deinem Arzt suchen, als die Dosis deiner Cannabis-Produkte in Eigenregie zu erhöhen!
Zwar hat sich mit der Teillegalisierung von Cannabis in Deutschland 2024 einiges geändert. Doch streng reguliert werden die pflanzlichen Wirkstoffe immer noch. Das betrifft vor allem THC. Das Cannabinoid Tetrahydrocannabinol (THC) hat eine psychoaktive Wirkung und muss daher streng kontrolliert abgegeben und eingenommen werden.
Allerdings ist es genau THC, dem eine schmerzlindernde Wirkung zugeschrieben wird. Die Folge: Du benötigst ein ärztliches Rezept, wenn du eine Cannabis-Schmerztherapie beginnen möchtest. Tipps, wie du ein Cannabis-Rezept bekommst, haben wir bereits in einem separaten Artikel behandelt.
Grundsätzlich kann jeder Arzt Medizinalcannabis verschreiben. Dieses Rezept kannst du in einer Apotheke oder Online-Apotheke einlösen. Durch einen Antrag bei der Krankenkasse ist es sogar möglich, die Kosten für die Schmerztherapie mit Cannabis nicht einmal selbst tragen zu müssen. Wenn eine schwere Erkrankung mit entsprechenden Beschwerden vorliegt und andere, herkömmliche Therapieansätze nicht zum gewünschten Erfolg führen, wird der Antrag in der Regel genehmigt.
Wenn du keine Fertigarzneimittel, sondern Cannabisblüten für die Schmerztherapie verwenden willst, gibt es vielfältige Optionen. Es gibt viele medizinische Cannabissorten. In einer spezialisierten Apotheke ist das Sortiment besonders breit aufgestellt, sodass du die richtige Sorte für deinen Anspruch finden kannst.
Wichtig: Um Missverständnisse mit den Behörden zu vermeiden, ist ein Patientenausweis sinnvoll. Dieser ist gerade dann sinnvoll, wenn du eine größere Menge Cannabis von der Apotheke nach Hause beförderst oder Medizinalcannabis in der Öffentlichkeit konsumierst.
Eine mögliche Darreichungsform von Cannabis sind Cannabisblüten. Diese enthalten verschiedene Wirkstoffe – darunter THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannbidiol). Während THC das Cannabinoid ist, dem schmerzlindernde und muskelentspannende Effekte zugeschrieben werden, soll CBD entzündungshemmend und krampflösend wirken. Außerdem kann CBD die psychoaktive Wirkung von THC abschwächen, was die Therapie für viele Patienten wesentlich besser verträglich macht. Das Zusammenspiel der Wirkstoffe, die natürlicherweise in der Cannabispflanze vorkommen, sorgt für eine breit gefächerte und oft sehr positive Wirkung.
Das Fertigarzneimittel Dronabinol hingegen enthält nur einen Wirkstoff der Cannabispflanze: THC – im medizinischen Kontext auch „Dronabinol“ genannt. Es kann in natürlicher oder synthetischer Form vorliegen und konzentriert sich voll auf das Wirkspektrum von THC:
Hier können die Nebenwirkungen von THC etwas stärker ausfallen, da kein CBD zum Ausgleich enthalten ist.
Des Weiteren gibt es reine CBD-Produkte, die kein oder nur sehr wenig THC enthalten. Cannabidiol hat keine berauschende Wirkung, weshalb es hier nicht zu den typischen Nebenwirkungen von Cannabis kommen kann. CBD wird eine entzündungshemmende, krampflösende, angstlösende und schmerzlindernde Wirkung nachgesagt. Es wird jedoch weniger bei chronischen, sondern eher bei entzündlichen Schmerzen eingesetzt.
Wie bereits angesprochen, kann es im Zuge einer Cannabis-Schmerztherapie zu gewissen Nebenwirkungen kommen – vor allem dann, wenn die Dosierung nicht stimmt. Zu hoch dosiert, ist es nicht unüblich, dass Patienten negativ darauf reagieren. Außerdem gibt es Personen, die Cannabis schlichtweg nicht vertragen.
Doch welche Nebenwirkungen sind es, die bei einer Schmerztherapie mit Cannabis auftreten können?
Es gibt Personengruppen, die bei einer Cannabis-Schmerztherapie besonders vorsichtig sein sollten. Das Cannabinoid THC kann bei Personen mit psychischen Erkrankungen zu einer Verschlimmerung ihrer Beschwerden führen. Daher ist es wichtig, solche Beschwerden vorab mit deinem Arzt abzuklären und sich professionellen Rat einzuholen.
Zudem solltest du die Medikamente, die du bereits regelmäßig einnimmst, erwähnen. Bei bestimmten Arzneimitteln kann es zu Wechselwirkungen mit Cannabis kommen. Besonders gefährdet sind Psychopharmaka.
THC-haltige Cannabis-Produkte können zudem deine Reaktionsfähigkeit einschränken, weshalb du beim Führen von Fahrzeugen oder beim Bedienen von Maschinen aufpassen solltest. Zwar darfst du in der Theorie mit THC im Blut Autofahren, wenn du medizinisches Cannabis einnimmst. Doch sobald deine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt ist, machst auch du als Cannabispatient dich strafbar. Ein ärztliches Attest ist also nicht automatisch ein Schutz. Schätze es daher vor jeder Fahrt ehrlich ein, ob du noch dazu fähig bist, ein Fahrzeug sicher zu führen oder nicht. Ein verantwortungsvoller Umgang mit Cannabis ist auch im Zuge einer Schmerztherapie essenziell.
Eine Cannabis-Schmerztherapie kann vor allem bei chronischen Schmerzen angewendet werden. Um die Therapie zu beginnen, benötigst du ein Rezept von deinem Arzt. Dieses erhältst du, wenn eine Indikation vorliegt. Andere Medikamente wirken nicht in dem gewünschten Ausmaß oder haben zu starke Nebenwirkungen – dann ist Cannabis als Schmerztherapie deine Lösung.
Die Anfangsdosis liegt in der Regel bei 0,25 bis 1 g am Tag und wird langsam gesteigert. Am besten ist es, wenn du dies mit deinem behandelnden Arzt besprichst, da dieser deine gesundheitliche Verfassung, deine Krankheitsgeschichte und deine Beschwerden am besten beurteilen kann.
Cannabis kann bei verschiedenen Schmerzen eingesetzt werden. Es sind allerdings neuropathische und andere chronische Schmerzen, bei denen die Cannabis-Schmerztherapie eine hohe Wirksamkeit zeigt. Für die Behandlung akuter Schmerzen ist Cannabis eher weniger geeignet.
Medizinisches Cannabis, das das Cannabinoid THC enthält, ist nicht rezeptfrei erhältlich. Damit du es in der Apotheke erwerben kannst, benötigst du ein ärztliches Rezept. Da Cannabis in der Schmerztherapie aber immer mehr Anklang findet, ist es nicht mehr so schwer, eine Verordnung zu erhalten.
Für Cannabispatienten bestehen einige Ausnahmen, wenn es um das Führen von Fahrzeugen geht. Ob du aber während deiner Cannabis-Schmerztherapie Autofahren darfst oder nicht, hängt von deiner Fahrtüchtigkeit ab. Diese ist oftmals eingeschränkt – vor allem zu Beginn der Therapie oder bei höheren Dosierungen. Und auch dann, wenn du dich unsicher fühlst, solltest du dich nicht hinter das Steuer setzen.
Seit 2017 ist es möglich, einen Antrag auf Kostenübernahme bei den gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland zu stellen. Ob deine Krankenkasse in deinem individuellen Fall die Kosten für eine Cannabis-Schmerztherapie trägt, musst du allerdings selbst herausfinden. Wichtige Faktoren für eine Genehmigung sind eine schwere Erkrankung mit anhaltenden Beschwerden sowie mangelnder Erfolg bisheriger Therapien.